Frische Bio-Kuhmilch aus der Region? Gibt es! In Adelschlag – ca. 25 km nordwestlich von Ingolstadt. Hier bewirtschaftet die Familie Hutter einen Biohof (Naturland). Dessen wichtigste Mitarbeiterinnen: 75 Kühe (Simmentaler Fleckvieh; dazu kommen derzeit 10 trächtige Jungrinder, 30 Kälber und ein Stier). Die Milch wird von Gabi und Andreas Hutter direkt vermarktet.

Das wollte ich mir schon lange ansehen – „Shake the hand that feeds you!“. Vor knapp zwei Wochen, am Martinstag, war Slow Food Ingolstadt vor Ort.

Andreas Hutter

Die Milch wird lediglich pasteurisiert und ist damit eine Woche haltbar. Sie wird aber nicht homogenisiert. So naturbelassen rahmt sie auf.

Auf der Website (in die Tage gekommen; die neue ist in Arbeit) der Hutters können die Lieferorte und -routen eingesehen werden. Die Milch kommt tatsächlich vor die Haustüre. Mir gehen dabei Bilder aus alten Englisch-Schulbüchern durch den Kopf – der Milchmann kommt! Die Belieferung von Ingolstadt endet in seinem Westen. Ich bin gerade am überlegen, wie die Altstadt an Bord kommen könnte. Vielleicht über eine zentrale Anlieferung – und man holt sie sich dann von dort? Ich denke jetzt mal laut über eine solche nach: Die Jungs von District Five Coffee Roasters verwenden die Hutter-Milch, ebenso das Café am Schloss… Dazu kommt Eismacher Wolfgang Erhard (immer wieder erwähnenswert: Welches Eis in Ingolstadt wird sonst noch mit regionaler Bio-Milch hergestellt?!) und die Erhard-Filialen in der Innenstadt… Ein Ort könnte auch das Ratschhaus sein – was meinst Veronika? Die Stätte ist bereits als „Fairteiler“ (Foodsharing/Ausgabestellen für Lebensmittel) gut eingeführt…

Wer auf Nummer sicher gehen will: Die Hutter-Milch gibt es jedenfalls in den beiden Läden des Haindlhofs. In Gerolfing (Wolfsgartenstrasse 16) und in Friedrichshofen (Am Dachsberg 2).

Was war der Auslöser für die Umstellung auf die ökologische Landwirtschaft? Diese Frage beantwortete Andreas Hutter wie folgt:

“Beim Aussäen von Getreide ist aus einem Vorratsbehälter gebeiztes Saatgetreide (konventionelles Saatgut wird mit fungiziden und teilweise auch insektiziden Mitteln behandelt) ausgelaufen. Da Kinder auf Bauernhöfen immer da unterwegs sind wo was los ist, hat unser damals 3 jähriger Josef das sehr schnell bemerkt, seine Sandspielzeuge aus dem Sandkasten geholt und das rot eingefärbte Saatgetreide in der Halle verteilt. Als ich wieder vom Feld zurückkam, war er gerade schwer beschäftigt und entsprechend am ganzen Körper rot eingefärbt… Das war für mich die letzte konventionelle Aussaat.”

Nach dem Besuch der Hofstelle ging es zum Stall, gelegen auf den östlichen Fluren von Adelschlag. Für die beabsichtigte Vergleichsverkostung mit gerade gemolkener Rohmilch mussten wir Frischmilch dorthin mitnehmen. Der Leiter unserer Backgruppe brachte dieses Manöver kultiviert auf den Punkt: “Eulen nach Athen tragen, ist dagegen ein Witz”.

Der neue Freiraumlaufstall ist als Kompoststall gestaltet. Der Liegebereich wird mit Holzhackschnitzeln, Sägespänen und vor allem Dinkelspelzen eingestreut. Durch den Kompostierungsprozess dieser Materialien trocknet die Liegefläche oben ab.

Im Sommer bekommen die Kühe überwiegend frisches Grünfutter (Luzerne-Kleegras-Mischungen vom Acker und Wiesengras). Zu Beginn und zum Ende der Saison kommen Heu und Maissilage dazu. Je nach Zusammensetzung mit Zugabe von etwas Getreideschrot. Im Winter wird Gras- und Maissilage sowie Heu verfüttert, ergänzt mit Getreide- und Bohnenschrot sowie Kleegras-Cops. Alle diese Futtermittel werden auf hofeigenen Flächen selbst erzeugt. Im Winter wird in geringen Mengen Eiweißfutter (Raps-, Lein- und Sonnenblumenschrot) und Mineralfutter (alles in zertifizierter Bioqualität) zugekauft.

Seit Ende September ist der beachtliche Film “Das System Milch – Die Wahrheit über die Milchindustrie” in ausgewählten Kinos zu sehen. In Ingolstadt selbstredend nicht… Wir hatten Infos und ein Plakat dabei (Danke an Slow Food München):

Aus dem Film: „Weltbank und Uno haben 2008 das Wissen über die weltweite Landwirtschaft zusammengetragen. Das Ergebnis der Wissenschaftler: Der entscheidende Faktor zur Bekämpfung des Hungers ist nicht die Steigerung der Produktivität, sondern die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und ihrer Produktionsmittel vor Ort. Die besten Garanten für eine flächendeckende globale Ernährungssicherheit sind kleinbäuerliche Strukturen. Ein Großteil der Agrarindustrie lehnt diese Ergebnisse ab.“ Hier der Trailer:

Ein besseres Timing ist selten. HEUTE(!) Abend um 20:15 Uhr läuft der Film auf RTL. Schabernack! Natürlich nicht dort, sondern auf arte. Er ist dann noch bis 19.02.2018 in deren Mediathek verfügbar.

Herzlichen Dank an Gabi und Andreas Hutter für die gewährten Einblicke, Informationen und Kostproben!

Martinstag? Genau. Im Anschluss wartete im Gasthof Bauer (Rieshofen) der gut geschürte Kachelofen. Mit Enten und Gänsen frönten wir dem Brauchtum. Das Geflügel kam aus dem Nachbarort Rapperszell von Frau Hüttinger. Das Blaukraut bauen die Wirtsleute Renate und Johann Bauer selbst an. Die Kartoffelknödel entstanden frisch in deren Küche. Nach Rohmilch im Bio-Kuhstall sich der erbauenden Obhut eines Genussführer-Wirtshauses anvertrauen: Slow Food aus dem Lehrbuch!

2 Kommentare

  1. Das würde ich im Ratschhaus gerne ausprobieren und bitte um Kontaktaufnahme.

  2. Danke für den Bericht und auch für den Tipp auf ARTE.
    Ein bisschen wirr, aber ich habe ein bisschen mitgeschrieben und Stichpunkte notiert.
    Was trinken und essen wir und zu welchem Preis?
    Hochleistungskühe produzieren bis zu 50 Liter Milch pro Tag.
    Macht die Milch nur noch Konzerne groß und stark?
    Die Geschichte der Milch begann vor 8000 Jahren. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verhältnis zwischen Mensch und Tier und Milch verändert. Die Chinesen haben Geschmack daran gefunden, seit dem ist der Markt explodiert….750 Kühe, 12 Angestellte: Wir optimieren ständig…Der Milchpreis wird gedrückt, deshalb brauchen wir mehr Menge….früher 140 Kühe….Molkereien sind die mächtigen Schnittstellen, Es gab einen massiven Strukturwandel. Lebensmittelkonzerne müssen wachsen und immer mehr Kunden erreichen. Familie Geiger besitzt 250 Kühe und muss immer knapper wirtschaften. Man ist verpflichtet, die ganze Milch an eine Molkerei abzugeben. Raustreiben, Weidehaltung ist nicht mehr machbar. Die Geigers haben Melkroboter, keinen einzigen Angestellten. Immer höhere Leistung….man schafft nur noch für Konzerne. 27 Cent bekommt der Bauer im Moment. Der ursprüngliche Gedanke einer sozialen Genossenschaft ist nicht mehr da….
    Der Konzern: Vom Gras ins Glas, man kann uns mit einer Raffinerie vergleichen. Säuglingsnahrung und Milchpulver für Senioren geht am besten.
    Gibt es keine Alternative zu immer größer und globaler?
    Das Durchschnittsalter der Kühe beim Biobauern ist höher und bei ihm
    ist es mehr als ein Arbeitsplatz, es ist ein Lebensmodell: Die ökologische Landwirtschaft. Direktvermarktung!
    Kühe werden durch Zucht ständig für die Milchproduktion zweckoptimiert.
    Hochleistungskühe werden 5 Jahre alt, normale Kühe um die 20.
    Ein Kalbsbulle kostet 70 Euro. Unsere Tiere sind Nummern… bald sind die Züchter in der Lage, die Geburt von Bullen nahezu auszuschließen.
    Auf einen Liter Milch kommen 3 Liter Gülle. Wie belastet ist der ökologische Kreislauf durch die Milchwirtschaft? Nur noch ein Drittel kommt vom Gras, der Rest maßgeblich von Soja. Das stammt aus Südamerika, dort wird Regenwald gerodet…Getreide und Soja werden den Kühen zur Leistungssteigerung beigemischt, die sogenannte Silage…
    Nicht genverändertes Soja kostet 12 Euro mehr. Unsere Flächen müssen die eingekauften Stickstoffmengen verdauen. In Holland wird Gülle international verkauft. In jedem dritten Brunnen werden zu hohe Nitratwerte gemessenen.
    …..und dennoch wird jedes Jahr mehr Milch produziert.
    Vom Traktor runter und den Boden wieder in die Hand nehmen, so der Ökobauer.
    Von klein auf wurde uns anerzogen, dass Milch gesund sei. Um Knochenbrüchen vorzubeugen, die Länder mit dem höchsten Milchverbrauch haben aber die meisten Knochenbrüche. (Studien belegen das)
    Man vermutet heute sogar, dass ein hoher Milchkonsum Krebs fördert….
    Ein zentraler Schauplatz für die Milchwirtschaft ist Brüssel. Keiner von der Lebensmittelindustrie hat Interesse daran, dass es weniger Milch gibt. Man will billig und viel und hat sich dem Weltmarkt geöffnet. Das erklärte Ziel der EU war ursprünglich nur die Versorgung Europas.
    Die Menschen in China trinken Milch, weil sie größer werden wollen. China hat inzwischen eigene Produktionsstätten. Unsere Molkereien investieren in China….
    Auch Afrika leidet. Den Markt dort machen wir kaputt.
    Die UNO hat bereits 2008 ein Gutachten erstellt: Kleinteilige, regionale Landwirtschaft wäre eine Möglichkeit, den Hunger in der Welt zu bekämpfen…..
    Alles erschreckend.

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