Ich bin kein Faschingsmuffel. Ich bin ja auch kein Beinbruchmuffel … alles klar … ?!!!! Mein Jahr hat vier Jahreszeiten. Die Ausnahme der Regel: Saisonal schwimmt gerade der Krapfen obenauf – und den mag ich. Wobei die saisonale Ausnahme die Regel wurde. Krapfen gibt es schon lange fast das ganze Jahr hindurch …

krapfen1

Nach dem Lebkuchentest hatte ich es ja angekündigt: extra prima good macht einen Krapfentest. Das schwimmend in Fett ausgebackene Hefeteiggebäck erfreut sich global – in vielen regionalen Varianten – großer Beliebtheit. Entsprechende Tests sind im Netz deshalb auch nicht schwer zu finden. Studenten der Universität Bayreuth bauten das ganze (hier) 2004 – 2008 sogar in ihre wissenschaftliche Arbeit ein. Kathas lesenswerter 3. wiener jour doux widmete sich 2011 ebenfalls dem Thema.

oben Hackner, unten Solnhofener

Wie auch schon zum Weißwursttest kann ich es nicht oft genug wiederholen. Die Tests sind ein Aufruf unserem Essen mehr Achtsamkeit, Muße und Zeit zu widmen. Seinen eigenen Geschmack zu entdecken, zu bilden und zu schulen – eigene Tests  in Angriff zu nehmen! Die neuen Erkenntnisse werden Ihren persönlichen Genuss fördern und Lust auf mehr machen. Zu den vielen Antworten werden sich aber auch neue, teils drängende Fragen gesellen. Aber so ist das immer im Leben, wenn man tiefer einsteigt … Beim Thema Nahrung empfehle ich trotzdem einen sehr tiefen Einstieg.

oben Buchberger, unten Mirz

Der Krapfentest ist eine subjektive Momentaufnahme. Er gibt die Tagesform des 11.02.2012 – der Bäcker und der Tester – wieder. Der Respekt vor der Arbeit der Produzenten gebot selbstverständlich eine ersthafte Herangehensweise. Wie schon bei den Lebkuchen erstreckte sich das Testgebiet auf Bäcker- oder Konditoreien, die auf dem Stadtgebiet von Ingolstadt im eigenen Ladengeschäft selbst gefertigte Krapfen verkaufen.

oben Hofpfisterei, unten Wittmann

Das sind 21 Kandidaten! Getestet haben wir 18. Ab 7:15 Uhr fuhr ich zum frischen Einkauf alle ab. Bei den Lebkuchen war das deutlich einfacher. Diese brauchen nicht backfrisch zu sein. Es gibt Kenner, die behaupten, Krapfen müssen für den vollen Genuss hingegen noch warm gegessen werden … Unser Test startete zumindest vor Mittag.

oben Erhard, unten Christl

Die Bäckereien König (Irgertsheim) und Sengl (Harderstraße) waren mit ihren Krapfen leider bereits ausverkauft. Sicher kein schlechtes Zeichen … Die Krapfen der Großbäckerei Müller blieben uns erspart … In zweifacher Hinsicht. Am Samstag hat die Filiale am Omnibusbahnhof gar nicht geöffnet. Dazu haben bekanntlich Kontrollen der amtlichen Lebensmittelüberwachung ergeben, dass in der Müllerschen Zentralbäckerei wegen der mangelhaften Grundhygiene eine komplette Betriebs- und Anlagenreinigung erforderlich wurde … die Produktion ruht deshalb gegenwärtig.

oben Backwerk, unten Wiedamann

Im Vergleich zum Lebkuchentest kamen weitere Betriebe an Bord. Einmal der Kuchenbäcker Waldinger vom Wochenmarkt. Und die Bäckereien Jann, Mirz (Zuchering), Wittmann (Etting), Würzburger (Gerolfing) sowie der Backdiscounter Backwerk. Die ganze Liste – gewogen und alphabetisch sortiert:

 EURg€/kgFüllungEier
      
Backwerk0,69729,64-Frucht?
Buchberger1,107315,1Hagebutte2
Christl1,006814,7Hagebutte2
Erhard1,058512,4Hagebutte1
Hackner1,057314,4Hagebutte1
Heiglbeck1,055818,1Himbeer/Hagebutte0
Hofpfisterei1,398316,7Hagebutte0
Jann1,107814,1Himbeere?
Kuttenreich1,056615,9Aprikose1
Lederer1,006814,7Hagebutte?
Mirz0,70729,7Himbeer/Johannisbeer1
Sipl1,006615,2Himbeer/Johannisbeer?
Solnhofener1,007713,0Hagebutte1
Waldinger1,009410,6Aprikose?
Wiedamann1,208414,3Aprikose?
Wittmann1,007413,5Aprikose2
Wünsche1,006914,5Hagebutte?
Würzburger0,70769,2Hagebutte2

Ich hoffe, dass viele beim Eiereinkauf auf die Haltungsform der Legehennen achten. Bei den „versteckten“ Eiern in Backwaren oder Nudeln ist das mangels Kennzeichnung schwierig. Aber warum nicht hier auch darauf Wert legen? Also habe ich beim Einkauf immer beim Servicepersonal nachgefragt, mit welchen Eiern die Bäckerei (also auch bei den Krapfen) arbeitet.

oben Lederer, unten Heiglbeck

Zur Erinnerung die Klassifizierung: 0 = Bio-, 1 = Freiland-, 2 = Boden- und 3 = Kleingruppenhaltung. Letztere hat mit minimalen Verbesserungen für die Henne 2010 in Deutschland und dieses Jahr in der gesamten EU die Käfighaltung abgelöst. Ich habe die Antworten in die obige Tabelle aufgenommen. Ob sie tatsächlich genau so stimmen, weiß ich nicht. Bitte Fragen Sie bei Ihrem Bäcker nach! Im Discounter geht das nicht. Sie kaufen beim Bäcker ein? Gut so – aber dranbleiben! Jede Antwort „das weiß ich nicht, das wollte noch nie jemand wissen“ ist eine zu viel. Kommen Sie mit Ihrem Bäcker ins Gespräch. Ein Gewinn für beide Seiten.

oben Wünsche, unten Würzburger

Tiramisu, Champagner, Schwarzwälder-Kirsch, Konfetti, etc. Bunt ist die Krapfenvielfalt (geworden). Wir hatten nur den Klassiker im Visier. Und wenn es ging (Nachfrage) den mit Hagebuttenmarmelade. Die Tester: Konditormeister Ernst Elsler (mundgerecht) war mit seiner fachlichen Expertise (wieder einmal) unverzichtbar. Die Krapfenenthusiasten Ulla, Birgit und Mike. Der padrone und Moritz (stieg nach dem 7. Krapfen erschöpft aus – der Rat, nur kleine Proben zu verkosten wurde natürlich vollkommen ignoriert – wenn die Erwachsenen zwischen den Proben auch immer so viel diskutieren müssen …).

oben Waldinger, unten Sipl

Wir verständigten uns nach längerer Abwägung auf eine maximal zu erreichende Punktzahl von 100. 10 für die Optik, 15 für die Konsistenz und 15 für die Menge der Füllung. Für den Geschmack gab es theoretisch 60 Punkte – 30 für die Füllung und 30 für den Teig. Die Füllung war uns wichtig. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes das Herz des Krapfens. Anderenfalls kann man ja zu Küchl oder Auszognen greifen. Die Verkostung fand selbstverständlich wieder als Blindprobe statt.

oben Jann, unten Kuttenreich

Es wurde geschnitten und zerteilt. Gerochen und gezupft. Fettflecke auf dem Papier? Kragenverlauf? Wo ist die Marmelade? Der Füllkanal? Zentriertes Marmeladenbett? Auf der Zunge nur Zucker (und unter der Nase …). Im Mund  nur „Kruste“, nur Teig, nur Marmelade – und dann die Melange – alles zusammen.

Optik und Konsistenz – da gehen die Geschmäcker auseinander. Von „wie aus dem Ei gepellt“ bis „handwerklich uneben“. Von „flaumig weich“ bis „hat Biss“. Es war (für jeden) alles dabei. Der Fettgeschmack (keine Fremdgerüche und -aromen) war weitgehend bei allen sauber.

Hauptproblem war hingegen die Füllung. Nie zu viel. Mehrmals zu wenig … Leider mussten wir beim einen oder anderen Krapfen bei meinen Notizen nachsehen, was beim Verkauf als Füllung der Papierform nach angedacht war … Zweifelsfrei rausschmecken war hier nicht möglich. Die Füllungen beim Mirz, aber auch beim Wittmann waren – da waren sich alle einig – indiskutabel. Der Wiedamann hat sich mit seiner sehr künstlich schmeckenden Füllung (Rumaroma mit Aprikose) um einen sicheren Treppchenplatz gebracht. Sein Krapfen war daneben nämlich sehr gut. Es war im Ergebnis die größte Überraschung, dass gerade beim Thema Marmeladenfüllung so viel Veränderungspotenzial nach oben besteht. Ein Glied der Produktionskette, das schnell und einfach verstärkt werden könnte.

Die drei besten Lebkuchenbäcker der Stadt finden sich heute nicht auf den Medaillenrängen. Bei der einen oder anderen Bäckerei gab es eine Überraschung.

Auf dem Treppchen stehen also neue Namen. Alle Tester hatten den Sieger – die Hofpfisterei – auf dem ersten Platz. Glückwunsch! Silber ging an den Buchberger (Altstadtbäckerei, Kanalstraße 14) und knapp dahinter folgte der Krapfen der Solnhofener Klosterbäckerei (Filiale Westpark) auf Bronze. Beide hatten jeweils vier Tester unter ihren ersten fünf. Der Zieleinlauf:

Platz PunkteTestnummer
1.Hofpfisterei4355
2.Buchberger3483
3.Solnhofener3462
4.Hackner3321
5.Sipl31317
6.Lederer30311
7.Heiglbeck30112
8.Wiedamann29910
9.Würzburger27215
10.Jann27018
11.Christl2688
12.Backwerk2679
13.Kuttenreich25319
14.Waldinger24916
15.Wünsche24413
16.Erhard2217
17.Wittmann1436
18.Mirz1324

Die individuellen Plätze 1 bis 5 der Jury:

ElslerHofpfisterei/Hackner/Buchberger/Jann/Lederer
UllaHofpfisterei/Buchberger/Lederer/Solnhofener/Heiglbeck
BirgitHofpfisterei/Solnhofener/Buchberger/Hackner/Sipl
MikeHofpfisterei/Heiglbeck/Solnhofener/Hackner/Buchberger
padroneHofpfisterei/Solnhofener/Wiedamann/Würzburger/Sipl

Der berüchtigte Senfkrapfen wäre uns allen – nach den 18 süßen Probanden – herzlich willkommen gewesen!

Nachtrag (21.02.2012): Bericht über den Test im Donau Kurier.

3 Kommentare

  1. Auch zwei Jahre nach dem Test liefert die Hofpfisterei tatsächlich immer noch die besten Faschingskrapfen ab, wenn man die reguläre Hiffenfüllung als Maßstab nimmt. Es ist auch der einzige Krapfen überhaupt mit Kristallzucker!!! Delicious!!!
    Ihre ganzjährlichen Öko-Krapfen mit Puderzucker & Aprikose unterscheiden sich dann allerdings leider nicht sonderlich von anderen Bäckereien.

    Vielen Dank für diese sehr gute Vorarbeit & noch eine schöne Faschingszeit!!! :)))

  2. Ich habe ein paar der Krapfen auch schon gegessen und bin nur zu einen Schluss gekommen:

    Wer einmal einen hausgemachten Krapfen aus einer sächsischen Bäckerei genossen hat, der wird an den trockenen, eierpappenartigen Teigklopsen hier keinen gefallen mehr finden.

    Sorry……

  3. bin so schockiert von der fülle, dass ich erst jetzt antworten kann 😉 im ernst: gut, dass du auch nach den eiern gefragt hast. die antworten sind offensichtlich auch bei euch deprimierend. und dass der krapfen einer bäckerei gewinnt, das würde bei uns nicht möglich sein. konditorei-krapfen sind üblicherweise viel feiner (und die aus bäckereien erkennt man – fast – immer am geruch).

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