Spezialtest. Ingolstadt. Für nicht wenige ist das ein Synonym für Audi. Das ist natürlich Unsinn! Audi baut sehr gute und schöne Autos. Ich mag Audi. Aber Ingolstadt ist viel mehr. Gott sei Dank.
Gäbe es einen Satelliten, der Weißwurstansammlungen erfassen könnte, würde er auf Ingolstadt ausgerichtet, über dem Werksgelände der Audi AG deren größte Konzentration in der Region messen. Hier arbeiten mehr als 35.000 Menschen. Eine Stadt in der Stadt. Mit eigener Metzgerei! Und die fertigt natürlich auch Weißwürste. Ca. 1.000 kg pro Woche!
Ein Weißwursttest in Ingolstadt – wenn auch wie der des padrone nur auf die 15 öffentlichen Metzgereien begrenzt – sollte diesen Umstand würdigen. Die Audi-Weißen gibt es außerhalb des Werks nicht zu kaufen (deshalb erfolgt auch keine Listung vom Testergebnis im Ranking). Sie trotzdem zuhause im Topf zu haben, stellt hingegen aber auch kein wirkliches Problem dar. Jeder Mitarbeiter kann sie zu diesem Zweck im Betrieb erstehen.
Der Leiter der Audi-Gastronomie heißt Helmut Bayerlein. Ich nehme mit ihm per Mail Kontakt auf. Seine volle Kooperation ist mir sicher. Vielen Dank für die schriftliche Beantwortung meiner Fragen und das dazu ergänzend geführte Telefonat. Hier die Audi-Weißwurst-Sedcard:
1. Sind in Ihren Weißwürsten künstliche Aromen, Zusatzstoffe oder Geschmacksverstärker? Wenn ja, welche? „In unsere Weißwürste kommen Schweinefleisch, Speisesalz, Gewürzmischung der Audi AG, Zwiebel, Petersilie, natürliches Aroma, Säuerungsmittel und ein Stabilisator.“
Auf Nachfrage von mir, ob Bestandteil der „Gewürzmischung“ auch ein Geschmacksverstärker ist, bejaht dies Herr Bayerlein. Es gab im Haus mal den Versuch (für ca. drei Monate) ohne Geschmacksverstärker auszukommen, erklärt er, aber nach anhaltenden Protesten aus der wurstverzehrenden Belegschaft ob des veränderten Geschmacks habe man wieder darauf zurückgegriffen. Das erinnert an die Erfahrungen von Metzgermeister Michael Pauleser dazu (siehe Test Nr. 12).
2. Geben Sie Zitrone zu? In welcher Form? „Nein, keine Zitrone.“
3. Wie ist das Mischungsverhältnis – Kalb/Schwein – beim Magerfleischanteil in Ihren
Weißwürsten? „Wir verwenden ausschließlich hochwertiges Schweinefleisch.“
4. Gibt es Ihre Weißen jeden Tag (Montag – Samstag) frisch? „Ja, unsere Weißen werden täglich frisch nach Tagesbedarf produziert.“
5. Woher kommen die Tiere, deren Fleisch für Ihre Weißwürste verarbeitet wird? Je genauer Sie die Region/die Lieferanten eingrenzen können, umso hilfreicher wäre das für mich. „Aus Bayern.“
6. Wo werden diese Tiere geschlachtet? „In den Schlachthöfen Ingolstadt, Landshut oder Ulm.“
Durch Vorstandsbeschluss wurde bereits 1961 eine eigene Werksmetzgerei eingerichtet, die die Versorgung der Verpflegungseinrichtungen sicher stellen sollte. 1965 übernahm die Metzgerei zusätzlich die Produktion von Wurstwaren. Zwei Metzgermeister (das dürften Vater und Sohn Dexl sein – hier gibt es einen schönen Brückenschlag zu einem Bratwurstartikel auf extra prima good) und fünf Mitarbeiter arbeiten heute für die Belieferung der werksinternen 29 SB-Märkte und 8 Restaurants in Ingolstadt und Neckarsulm mit hausgemachten Fleisch- und Wurstwaren. Aber auch eigene Veranstaltungen und Automobilmessen werden von der Metzgerei versorgt. Ich finde das großartig! Es wäre ein leichtes, diesen Markt der anonymen Fleischindustrie und dem Großhandel zu überlassen.
Am 03.11.2011 liegen diese speziellen Würste zuhause im Topf. Kurz danach gewinne ich diese Erkenntnisse:
Marmorierung:
Hell. Petersilie ordentlich verteilt.
Duft:
Sehr, sehr deutliche Schweinenote.
Mundgefühl:
Recht fest.
Geschmack:
Schweinern. Starke Würze. Zwiebel. Der Geschmack hat Länge. Die Schweinenote ist leider viel zu dominant. Auch der deutliche Zwiebelgeschmack stört. Gut hingegen ist, dass man die Petersilie auch tatsächlich schmeckt.
Preis:
0,75 EUR/Stück
Note: 4
Schade! Ich hätte mir gewünscht hier einen „Geheimtipp“ präsentieren zu können. Die Schweine- und Zwiebeldominanz waren zu viel. Weißwürste mit 100% Schwein sind (wohl zu Recht) auch eher ungewöhnlich, können aber durchaus munden. Das hat der Besuch des Slow Food Conviviums Ingolstadt beim Hofladen im Moos bewiesen – hier gab es auch 100% Schwein.
Endlich mal ein objektiver Test, in dem Pros und auch Contras vorkommen. Bei den meisten Tests hat man nämlich das Gefühl, dass die firmeneigene PR-Abteilung die Bewertung vorgenommen hat. Bitte mehr solcher Tests!