Es war wirklich an der Zeit sich dorthin auf den Weg zu machen. Endlich – Anfang des letzten Monats – habe ich es geschafft. Zusammen mit Freund Moni. Die vielen Eindrücke in nur knapp drei Tagen waren so wohltuend und so schön, dass die Planungen für weitere Streifzüge (insbesondere ins Weinviertel) bereits deutlich an Raum gewinnen. Ich bringe dafür zu Papier, was bereits auf meiner Habenseite steht:
Quartier bezogen wir in Retz. In ➜ Klinger´s Gästehaus. Christa und Richard Klinger wollen ein „Gästehaus für Weinviertel-Liebhaber“ betreiben. Ihnen gelingt viel mehr. Unter ihrer sehr feinen Gastfreundschaft wird man zum Weinviertel-Liebhaber! Und das bewirken die beiden als Salzburgerin und Hamburger … vielleicht gerade deshalb.









Zum Ersten Abendessen wählten wir die ➜ Mährische Botschaft im Weinschlössl in Retz. Wie immer in der Alpenrepublik bot der Wirtshausführer von Slow Food Österreich köstliche Orientierung (bei allen unseren Einkehren auf der Tour). Ich habe noch die Buchausgabe für 2019 – es scheint keine aktuellere zu geben; ist das richtig, liebe Slow Food Freunde in Österreich? Und wenn ja – warum?
Zuerst eine Frittatensuppe. Bei Verfügbarkeit immer. Dann einen traditionellen Svíčková – das ist ein Rindsbraten nach mährischer Art mit sämiger Sauce, böhmischen Knödeln sowie kaltgerührten Preiselbeeren. Dazu – vor dem vielen Wein – ein Starobrno Medium. Die Grenze zu Tschechien verläuft nur fünf Kilometer nördlich.
Im Anschluss wartete die Weinbar der Klingers im Gästehaus. Freitags ein beliebter Treffpunkt frohgemuter Leute. So kommt man an.




Der prächtige Retzer Hauptplatz bietet jeden Samstag von 9 bis 13 Uhr die Bühne für den genussreichen ➜ Genussmarkt im Retzer Land.
Gegründet hat diesen Michael Vesely. Erster Markttag war am 11. Juli 2020. Ich bin Vesely noch nie begegnet. Dabei war er der Grund in Retz zu landen. Verfolgt – segensreiches Internet! – habe ich ihn dagegen durchaus. Und mit Vergnügen. Wobei es freilich jammerschade ist, dass ich es nie nach Wien ins Reisinger´s – von 2008 bis 2019 zusammen bespielt mit seiner Frau Adelheid Reisinger (Küche) – geschafft habe (Bilder). 2021 waren die beiden dann Mitbegründer von Slow Food Village Retz und auch als Genusspassionisten halten sie die Fahne für das Gute, Saubere und Faire nach oben. Die lebendige Slow Food Gemeinschaft vor Ort präsentierte soeben den ersten Slow Wine Guide des Weinviertels. Ich habe Vesely dann erfreulicherweise gleich zwei Mal persönlich getroffen (leider noch nicht seine Frau). Am Abend bei den Klingers. Und natürlich am nächsten Morgen auf dem Genussmarkt. Ein sehr sympathischer Macher – hellwach, interessiert, streitbar, lebendig – eine Bereicherung! Ich freue mich auf hoffentlich viele weitere Begegnungen.





















Fahrt in die Wachau – nach Mautern an der Donau. Jakob Buchinger und seine Weine fielen mir in Wien auf der letztjährigen VieVinum auf. Der Beschluss ihn zu besuchen entstand. Ein wenig Hartnäckigkeit war dann aber noch notwendig …
Seine Wirkungsstätte ➜ das Bioweingut Jakob. Natürlich standen die Grünen Veltliner im Mittelpunkt. Sein süffig-feiner „Medium“ (auch in der Magnum Jesus Edition) und der tiefgründig-würzige „Opa von der Oma“. Einen schönen – stoffig dichteren – Roten Veltliner hat er auch in der Flasche. Allesamt mit einem eigenen Charakter – die Frucht steht dabei nicht im Vordergrund. Mich erinnert seine Herangehensweise und die dabei erzielte Stilistik stark an die Art (in Weinberg und Keller), mit der Rainer und Maximilian Zank (Öko-Weingut Zang) ihre herrlichen Silvanerweine in Franken entstehen lassen. Gemeinsam pflegen sie einen anderen Umgang mit der Leitrebsorte der jeweiligen Region – es geht in die Tiefe, leise, für mich in eine gute Zukunft weisend.









Zweite Station in der Wachau – in Wösendorf ➜ das Weingut Machherndl. Erich Machherndl und seine Schöpfungen habe ich auf der Slow Wine im letzten Jahr in Bologna kennengelernt.
Machherndl brennt. Lichterloh. Was für eine Energie! Es geht ihm um Natur. Die Jahreszeiten. Boden. Reben, Trauben und Keller. Wir verkosteten seeehr großzügig. Ich möchte mich hier auf die beiden Lagenveltliner – Ried Hochrain und Ried Kollmütz – beschränken. Auch ihm geht es primär nicht um die Frucht. Was ist am flüchtigsten? – fragt er rethorisch in die Runde … Er möchte Würze, Tiefe, Länge. Und er ermöglicht sie. Wenn(!) man sich Zeit lässt. Dekantieren, Luft, slow. Tolle Weine – vielschichtig, wie ein Wimmelbild; ich entdecke Szene um Szene.









Mit gefülltem Kofferraum und ordentlich Hunger ging es zurück ins Weinviertel. Unser Ziel in Unterretzbach ➜ Pollak’s Wirtshaus/Der Retzbacherhof. Neben Slow Food hat das Wirtshaus auch der Michelin Guide auf dem Schirm (mit einem Bib Gourmand). Zuerst eine Frittatensuppe … gute Küche!







Selbstredend besuchten wir auch im Weinviertel ein Weingut. Dazu gleich mehr. Zuvor galt es noch eine Kellergasse in Augenschein zu nehmen. Diese sind immer noch landschaftsprägend. Einstmals dienten sie als Presshäuser und Weinkeller. Michael Vesely empfahl uns in der Nähe die Öhlbergkellergasse in Pillersdorf.









Im Anschluss begrüßten uns (am Sonntag – Danke!) – gleich um die Ecke in Schrattental – Rosi und Karl Hindler ➜ vom Weingut Hindler.
Sie gehören zu den Slow Wine Betrieben in Retz und Umgebung. Und damit haben sie sich auch dem Blauen Portugieser angenommen. Der Bursche ist Archepassagier von Slow Food Österreich. Und unterschätzt! In der Nase bin ich bei einem guten (trockenen!) Lambrusco. Leicht kommt er rüber, gibt dir sofort die Hand, frisch, saftig, herrlich süffig. Sein Spielfeld ist der einfache Alltag. Aufgemerkt – darin verbringen wir die meiste Zeit …! Ihm zur Seite steht ein eigener Freundeskreis – der Blaue Portugieser Club reserve. Clubpräsident ist Richard Klinger (siehe oben). Die Hindlers haben den Blauen Portugieser als Lagenwein (Ried Längen) und als Doppler in der Flasche. Der Doppler (= Zwei-Liter-Flasche) ist ein berühmtes, gelegentlich berüchtigtes Stück Kulturgut in Österreich. Er wird auch „Austria-Magnum“ gerufen. Wertig gefüllt – wie dieser – ist er eine ergiebige Quelle, an der man gerne sitzt. Auch der geschätzte Gottfried Lamprecht hat ihn im Programm.
Der Blaue Portugieser ist wahrhaftig nicht allein. Die Hindlers glänzen mit einer starken Mannschaftsaufstellung – glockenklar und ehrlich. Seit diesem Jahr übrigens biologisch zertifiziert. Gefallen haben mir die klassisch-fruchtigen Grünen Veltliner (Ried Längen und Ried Steinperz), der Chardonnay Muschelkalk (tatsächlich mit einem Hauch Banane) oder der frische Riesling (Ried Kalvarienberg). Eine Perle ist der Malvasier Tradition – Hindler goes Orange. Go!







Letzte Einkehr. Diesmal in der Wachau in Dürnstein in die ➜ Wachauerstube Loiben. Zuerst eine Frittatensuppe … und dann die Leibspeise des Wirtes, der Hausklassiker, gemacht von seiner Mutter – das Paprikahendl. Fein – aber sehr mild. Darauf angesprochen, ein klares Statement des Sohnes: „Das ist kein Gulasch!“. Wieder in der Gegend, wird wieder reserviert.






Auf der Heimfahrt nach Ingolstadt kommt man noch in Niederösterreich gleich an zwei gewaltigen Benediktinerklöstern vorbei ➜ Stift Göttweig und Stift Melk. Ersteres wird noch besucht. Zweiteres wurde von außen inspiziert.






Danke für ihren inspirierenden Beitrag zu unserer Heimat! Man kann ruhig auch einmal mit fremden Augen auf die Herrlichkeiten schauen und dann sehr stolz und glücklich sein hier zu leben!