Mit der La Grande Schmierâge, dem größten Graffitimeeting Süddeutschlands, ist Ingolstadt in der Szene keine Unbekannte. Das feine Projekt in der Klein-Salvator-Straße (dortiger Bereich der Bahnunterführung) in Unsernherrn fand Ende Juni diesen Jahres – nach 2007 und 2010 – bereits zum dritten Mal statt.

Als Objekt kein Unbekannter ist auch der Streetart-Solist im Ingolstädter (Alt-)stadtbild – das Springinkerl. Ich habe alle mir bekannten Auftritte hier dokumentiert. Viele sind zwischenzeitlich entfernt worden. Mit der Entdeckung der Nr. 65 bin ich dann aus den dort genannten Gründen – bis heute – auf Sendepause gegangen. Die weiter entdeckten Nr. 66-88 habe ich still und leise, ohne Berichterstattung, in die Chronik eingepflegt.

Mit dem Ingolstädter Donaukurier-Journalisten und Fotografen Johannes Hauser gab es zwischenzeitlich einen kurzen Austausch über die Figur. Hauser hat seinerseits Fotos gemacht und diese bei einer Ausstellung im November letzten Jahres in Beilngries gezeigt. Bei seinen Recherchen hat er in Hitzhofen (Landkreis Eichstätt) dieses Männchen festgehalten:

Mit freundlicher Genehmigung von Johannes Hauser

Laut verschiedener Anwohner ist das Graffiti schon „seit mehreren Jahren“ dort. Hauser vermutet nun, dass es sich dabei um das “Ur-Männchen” handeln könnte. Die ersten Springinkerl in Ingolstadt sind mir erst Anfang 2011 aufgefallen. Neben der Figur ist der Tag “Shortz” zu lesen. Ein Tag ist das Signaturkürzel des Urhebers eines Graffitis. Hinter dem technischen Rathaus in Ingolstadt hat Hauser dann diesen Schriftzug (mit Männchen?) gefunden:

Mit freundlicher Genehmigung von Johannes Hauser

Shortz und Männchen gehören für Hauser deshalb ziemlich sicher zusammen. Weitere Ideen und Profiler-Arbeit dazu sind willkommen!

Rosalie Kürzinger von der Redaktion des Feuermelders (betreut vom legendären Willy Plankl), der Schülerzeitung des Christoph-Scheiner-Gymnasiums, hat sich vor einigen Wochen bei mir gemeldet. Feuermelder… lange ist es her. Schöne Erinnerungen an die Zeit im besten 🙂 Ingolstädter Gymnasium machten sich kurzweilig besonders breit … In der aktuellen Ausgabe Nr. 72, auf den Seiten 37-39 der Zeitung, findet sich jedenfalls ein Bericht über das Springinkerl:

Rosalie hat gleich noch einen mir bisher nicht bekannten Fundort (natürlich neben dem Scheiner) verraten. Gleich gesichert – Nr. 89:

89

Moby Zet sammelt auch noch fleißig seine Entdeckungen. Sie finden sich in seinem Facebook-Album “Line Invader”. Dort hat er auch diese vier:

Fotos von Moby Zet

Das Springinkerl links oben war für mich nur noch schemenhaft (Nr. 82) an der Kaufhoffassade (Ludwigstraße) zu erahnen. Nachtrag (17.08.12): Das rechts oben dachte ich nicht zu haben – gerade erblicke ich es doch in meiner Sammlung (Nr. 79). Man verliert langsam den Überblick … Die drei unteren waren aber, als ich sie fotografieren wollte, schon übermalt.

Ganz aktuell kommen Springinkerl nicht mehr aus der Sprühdose, sondern werden wohl mit Markerstiften kreiert. Da sie recht authentisch wirken, habe ich sie unter den Nummern 90-92 gelistet:

90
91
92

Es bleibt interessant und polarisiert die Menschen weiter. Ein Blick nach Augsburg zeigt, wohin das führen kann. Dort hat ein 24-Jähriger (Interview in der Süddeutschen Zeitung) in den letzten 1 1/2 Jahren 473 Blumen mit seiner Sprühdose über das Stadtbild verteilt. Im April dieses Jahres wurde er ermittelt und wartet derzeit auf sein Strafverfahren. Leider bin ich nicht sein Verteidiger …

Zwischenzeitlich ist die sogenannte Augsburg-Blume so etwas wie das inoffizielle Logo der Stadt geworden und erfreut sich auf T-Shirts und Pins großer Beliebtheit. Sogar die Stadt will offiziell damit werben, rudert gerade aber wieder zurück. Alles über die Blume findet sich auf der Facebook-Seite Augsburgblumen. Ich würde ein Springinkerl Leiberl kaufen.

Hier geht es weiter.

8 Kommentare

  1. I will paint this frukin´city in WarPink!

  2. Soll heissen, im Gegensatz zu Augsburg ist Ingo das reinste Schmierparadies, bei uns hat Street Art ungefähr den kulturellen Stellenwert wie Kinderschminken. Anders ausgedrückt: Der gemeine Datschi ist ein barocker Ikonoklast, wegen der Skulptur “Ostern” von Matschinsky-Denninghoff hat er auch ein furchtbares Gezeter veranstaltet.

  3. Ich sehe schon: Beim nächsten Treffen werden wir Willy-Plankl-Erinnerungen austauschen müssen (er war Referendar am Reuchlin-Gymnasium).

  4. Wenn das Springinkerl offiziell assimiliert würde, müsste man sich entweder um die Stadt oder um die Kunst oder um beide ernsthaft Sorgen machen. Womit klar ist: so, wie es bisher läuft, ist das ganz klar ein artwork in progress. Unabhängig davon, so gern ich es mag, gewinnt es keinen Ästhetik-Preis (“de gustibus…”, schon klar!) aber darauf kommt es auch gar nicht an.

  5. Also ich freu mich auch immer über diese quirilligen Kerlchens. Auch wenn ich mich sonst über Wandschmierage ärgere.
    Und : ja ich würde auch so ein T-Shirt kaufen. 🙂

  6. Vielleicht kann sich der Urheber durch Verkauf von Hemden die Kosten für Anwalt und Verfahrenskosten verdienen? Wobei man in Ingolstadt sicher lange wird warten können, bis etwas derartiges von der Stadt assimiliert würde. Wenn es aus Beton wäre, dann vielleicht. Aber reine Ästhetik hat keine Chance.

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